Barbara und Peter im Tunnel

Stuttgart 21 - das Bahnprojekt bewegt die Menschen. Besonders bringt es diejenigen in Bewegung, die an den entsprechenden Baustellen arbeiten. Und es bewegt zwei Personen, die sich um diese Arbeitskräfte kümmern: die Heilige Barbara und Diakon Peter Maile.

Es wird kräftig gebohrt und gegraben zwischen Stuttgart und Ulm. Der Neubau der Bahnstrecke zwischen den beiden schwäbischen Städten und des Tiefbahnhofs in der Landeshauptstadt hat Fahrt aufgenommen. Und das bedeutet vor allem Tunnelbau, denn ein guter Teil der Eisenbahnroute wird künftig unterirdisch verlaufen.

Bevor aber ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, muss dieser erst einmal angestochen werden. Worauf die Männer und auch einige wenige Frauen, die sich in die Erde graben, Wert legen: jeder Tunnel wird unter den Schutz der Heiligen Barbara gestellt. Seit Jahrhunderten ist sie die Patronin der Bergbauer. Am Beginn des Baus steht daher immer eine Barbarafeier. Auch am 4. Dezember, dem Gedenktag der heiligen Barbara, wird in den Tunneln ihrer besonders gedacht.

Warum gerade Barbara? Nach einer Legende wurde die junge Frau von ihrem Vater in einem Turm eingesperrt, weil sie sich zum christlichen Glauben bekannte. Sie konnte entfliehen, blieb dabei aber in einer Felsspalte stecken. Doch die Erde gab sie frei und so begann ihre Karriere als Patronin der Tunnel.

Bei der Barbarfeier wird jeweils eine Figur der Heiligen für den neu zu bauenden Tunnel geweiht und an diesem angebracht. In Vertretung übernimmt bei der Feier eine Tunnelpatin die Rolle der Heiligen. Immer mit dabei: Diakon Peter Maile, der als Seelsorger an den Baustellen des Bahnprojekts tätig ist – im Auftrag der katholischen Kirche und besonders auch des Dekanats Esslingen-Nürtingen, denn ein gutes Stück der Neubaustrecke führt durch den Kreis Esslingen.

Der Seelsorger erlebt, dass die Barbarafeiern für die Arbeiter sehr wichtig sind. Sie hoffen, dass ihre Arbeit und ihr Leben unter einem guten Segen stehen. Oder in den Worten eines Sprengmeister: „Diese Männer wissen, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt als wir so denken“.

Maile kümmert sich um die Arbeitskräfte auf den Baustellen: Arbeiter und Ingenieure, Bauleiter und Mineure. In den Hochphasen werden es etwa 5.000 sein. Sie kommen aus ganz Deutschland, aus Österreich, Polen, Rumänien und anderen Ländern. Jeder bringt seine eigene Lebensgeschichte mit, seine Nöte und Hoffnungen. Viel Arbeit für den Diakon.

Sein großes Anliegen neben der Begleitung der Arbeiter ist, dass sie in der Region wahrgenommen werden. Zwar wohnen sie oft isoliert in Wohncontainern, aber Maile möchte durch Baustellenbesuche und Aktivitäten hier Kontakte vermitteln. Es tut den Leuten gut, stellt er fest, wenn ihre Präsenz und ihre Arbeit anerkannt werden. Das ist nicht ganz einfach, denn nach wie vor ist das Projekt bei Teilen der Bürger umstritten.

Als Betriebsseelsorger hat Maile aber auch einen Blick darauf, dass die Arbeit fair abläuft. Er hat einen guten Draht zu den Gewerkschaften, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer stark machen. Ebenso gut sind seine Verbindungen zu den Auftraggebern und Bauherren. Seine Aufgabe sieht er in der Vermittlung und darin Partei zu ergreifen – nicht für oder gegen Stuttgart 21, sondern für die Menschen, die hier arbeiten.