Demokratie und Rechtsstaat stärken

Liebe Schwestern und Brüder, am 13. März 2016 sind die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg aufgerufen, den neuen Landtag zu wählen. Wir bitten Sie: Gehen Sie zur Wahl! Stärken Sie unsere parlamentarische Demokratie und den Rechtsstaat durch eine hohe Wahlbeteiligung! Übernehmen Sie durch Ihr Votum Verantwortung für die Werte unserer Gesellschaft!

Diese Wahl erfolgt vor dem Hintergrund großer gesellschaftlicher Herausforderungen:

Viele Menschen suchen in Europa und in unserem Land Zuflucht. Wir sind dankbar, dass viele hauptberuflich und ehrenamtlich Engagierte, – darunter auch viele Christinnen und Christen, – sich mit großem persönlichen Einsatz um die Unterbringung, Betreuung und Integration dieser Menschen kümmern. Zugleich nehmen wir wahr, dass sich viele um die kulturelle Identität und den sozialen Frieden in unserem Land sorgen. Für die evangelischen und die katholischen Kirchen in Baden-Württemberg ist der Beistand für Flüchtlinge ein Gebot Gottes. Wir wollen deshalb  alles in unserer Macht Stehende tun, um zur Integration dieser Menschen  in das Werte- und Rechtssystem unserer Gesellschaft beizutragen. Wir vertrauen darauf, dass die demokratischen Parteien diese Zukunftsfrage unseres Gemeinwesens angemessen und gut lösen werden. Allerdings werden wir unsere Herausforderungen nur lösen können, wenn wir die Fluchtursachen bekämpfen und mehr Verantwortung für Gerechtigkeit und Frieden  weltweit übernehmen.

Wir sehen die Gefahr einer noch stärkeren Spaltung unserer Gesellschaft in Arm und Reich. Ihr wollen wir wirksam begegnen und uns für eine größere soziale Gerechtigkeit stark machen. Mit großer Sorge erfüllt uns besonders, dass die Erziehung von Kindern ein Risikofaktor für das Abgleiten in Armut darstellt und dass Jugendliche aus prekären Verhältnissen nur schwer der Armutsfalle entgehen können. Wir sehen daher den Schutz von Ehe und Familie als Keimzelle der Gesellschaft als eine vorrangige Zukunftsaufgabe politischen Handelns. Dazu gehört auch, den Zugang zu Bildung und Arbeit unabhängig von Herkommen und materiellen Möglichkeiten zu verbessern.

Wir dürfen das allgemeine Ziel der Generationengerechtigkeit nicht übersehen. Das bedeutet insbesondere, Maßnahmen zum Schutz des Klimas voranzutreiben, damit auch künftigen Generationen gute Lebensbedingungen bleiben. Das bedeutet zudem, den Kindern und Kindeskindern nicht über Gebühr materielle und finanzielle Belastungen zu hinterlassen. Das bedeutet schließlich, den Herausforderungen des demographischen Wandels so zu begegnen, dass über alle Generationen hinweg ein auskömmlicher Lebensstandard und gute Lebensbedingungen bis ins hohe Alter gewährleistet bleiben.

Wir sind überzeugt: Die Zukunft unserer Gesellschaft kann nur dann gelingen, wenn sie als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird. Dabei lebt unsere Demokratie davon, dass unterschiedliche Wege vorgeschlagen werden, um anstehende Probleme zu lösen und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Für uns sind dabei allerdings nur solche Lösungsvorschläge akzeptabel, die mit dem Geist des Evangeliums und den Prinzipien der christlichen Ethik vereinbar sind und diese befördern. Parteien, die die parlamentarische Demokratie,  den Rechtsstaat und die Grundrechte in Frage stellen,  sind für Christinnen und Christen nicht wählbar.

Wir alle tragen für unser Leben und Zusammenleben Verantwortung, die wir auch wahrnehmen, wenn wir von unserem Wahlrecht Gebrauch machen. Nicht an der Wahl teilzunehmen, heißt: auf die Vertretung der eigenen Meinung im Parlament zu verzichten und extreme Parteien zu stärken. Darum bitten wir Sie: Nutzen Sie Ihr Stimmrecht! Gehen Sie zur Landtagswahl und bestimmen Sie mit über die Zusammensetzung und die Mehrheiten im Landtag! Ermuntern Sie auch die Menschen in Ihrer Umgebung, an dieser Wahl teilzunehmen! Wir ermutigen besonders die jungen Menschen, die zum ersten Mal zur Wahl aufgerufen sind, ihrer politischen Meinung mit der Abgabe ihrer Stimme Gewicht zu geben.

Wir danken den Mitgliedern des Landtags für die in der zu Ende gehenden Wahlperiode geleistete Arbeit. Wir sind dankbar dafür, dass sich so viele Männer und Frauen bereit erklärt haben, politische Verantwortung zu übernehmen. Den Kandidatinnen und Kandidaten, die am 13. März 2016 gewählt werden, wünschen wir Gottes Segen für ihren Dienst an unserer Gesell­schaft.

Freiburg/Karlsruhe/Rottenburg/Stuttgart, den 1. März 2016
Die katholischen und evangelischen Bischöfe in Baden-Württemberg