Spürbare Begeisterung

Die Seelsorgeeinheit Neckar-Aich schließt den Prozess „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ ab. Drei Flaschen mit „Apfel-Mandel-Kuchen“-Backmischungen hatte Dekan Paul Magino als Symbol des Abschlusses mitgebracht: Die katholische Seelsorgeeinheit Neckar-Aich hat erfolgreich den dreijährigen Prozess „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ durchlaufen.

Foto: Dietrich

„Zunächst hatte ich eine große Skepsis, was soll jetzt das wieder sein?“, sagt Edeltraud Eberhardt aus Bempflingen, ein Mitglied des Prozessteams. „Aber die Skepsis ist gewichen. Das kam durch die Ausschusstreffen, die gemeinsamen Wochenenden im Kirchengemeinderat und vor allem durch das Gesprächsforum, das sehr beeindruckend war.“ „Für mich waren die ersten Umsetzungen ganz besonders“, sagt Alexandra Flamm aus Neckartenzlingen. „Wir haben Kindern gezeigt, wie man karitativ handeln kann.“ So durfte an St. Martin jedes Kind ein Kleidungsstück mitbringen. Insgesamt waren es am Ende über 100 Kilogramm Kleidung, die an die Aktion Hoffnung weitergegeben wurden. „Wir haben das in Kooperation mit mehreren Schulen und Kindergärten gemacht“, ergänzt Pastoralreferent Thomas Hermann. „Eine Lehrerin in Altenriet hat gesagt, jetzt bin ich 25 Jahre lang hier Lehrerin, und das erste Mal kommt einer von der Kirche.“ Hermann erzählt auch vom Benefizlauf in Nürtingen, bei dem die Gemeinde sichtbar mit über 30 Leuten von fünf bis 75 Jahren dabei war.

Es gab viele weitere Projekte wie eine Kirchenführung für den Kindergarten, ein Projektchor für Jugendgottesdienste ist entstanden. In Aichtal will der Bürgermeister nun ein- bis zweimal im Jahr mit den Pfarrern sprechen. In Neckartenzlingen gehört Pfarrer Volker Weber zum Kerngremium der Zukunftswerkstatt. In großer ökumenischer Zusammenarbeit wurde an der Aich ein Wegzeichen aufgestellt. In Grötzingen wird der Gottesdienst nun in Bild und Ton ins Gemeindehaus übertragen.

„Wir sind enger zusammengewachsen“, sagt Alexandra Flamm. „Wir haben durch neue Angebote neue Mitarbeiter gewonnen. Wir mussten kaum Angebote hergeben.“ Hergeben muss die Seelsorgeeinheit bei einem Stellenwechsel aber einen Teil des Pastoralteams, es wird von 2,63 auf 2,25 Stellen gekürzt. Das traf die Seelsorgeeinheit mitten im kreativen Prozess wie ein Tiefschlag. „Ohne kräftige hauptamtliche Zugpferde erlahmt der Prozess“, sagt Sandra Kohn aus Grötzingen. „Gerade jetzt, wo wir in so einem starken Energiefluss sind“, bedauert Anette Matrai aus Aich. Für sie waren die drei Prozessjahre nötig. „Es braucht Zeit, bis die Gemeinde anspringt. Ich erlebe Kirche an vielen Orten jetzt in einer frischen Lebendigkeit. Die Gemeindemitglieder durchmischen sich jetzt nochmals deutlicher, in den Gottesdiensten und bei Veranstaltungen.“

In der ersten Phase des Prozesses ging es intensiv um die geistlichen Haltungen, also das Lassen, das Wertschätzen, das Erwarten und das Vertrauen. Lassen? „Wir müssen nicht alles neu machen“, sagt Thomas Hermann. „Wir können schauen, was haben wir schon, was kann man an Kooperationen vertiefen, etwa mit der Stiftung Tragwerk oder mit Einrichtungen des Dekanats.“

In der zweiten Phase folgte mit fast einem halben Jahr Vorlauf ein Gesprächsforum mit Gemeindeleuten und anderen, die zu Senioren, Flüchtlingen, Jugendlichen und Familien beruflich oder ehrenamtlich Kontakt haben. Diese vier Zielgruppen hatten die Kirchengemeinderäte als Schwerpunkte festgelegt. „Wir wollten eine Fremdwahrnehmung bekommen“, sagt Pfarrer Volker Weber, „und sehen, ob sich neue Kooperationsmöglichkeiten ergeben.“ Von etwa 100 Angeschrieben waren an diesem verlängerten Samstagvormittag 75 Leute da. „Das war sehr ertragreich, da kamen viele neue Ideen.“

Im September 2017 begann die dritte Phase. In ihr geht es darum, welche Struktur zu den gesetzten pastoralen Schwerpunkten passt. „Da geht es für uns um die Gründung einer Gesamtkirchengemeinde“, sagt Pfarrer Volker Weber. Das hat praktische Gründe im Blick auf die Verwaltungsaufgaben. Und geistliche: „Die Kirchengemeinderäte können sich verstärkt um pastorale Dinge kümmern.“ Darüber hinaus ist der Wunsch von Pfarrer Volker Weber: „Die Glaubensgemeinschaft soll noch vielfältiger werden. Kirche soll einen Sitz im Leben der Menschen haben.“

„Früher haben die Gemeinden sich dagegen gesträubt, eine Seelsorgeeinheit zu werden“, erinnert sich Edeltraud Eberhardt. „Nun sind sie zusammengewachsen. Für mich ist es eine Sensation, dass wir so weit sind.“

* Der Abschlussgottesdienst ist am Sonntag, den 28. Oktober um 10.30 Uhr in St. Josef in Harthausen.