Wer war Wera?

Sehr lebendig zeigte sich Wera in der Realschule am Schillerpark in Esslingen. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie schon hundert Jahre tot ist. Zum Leben erweckt wurde sie von Schülerinnen und Schülern, die sich dem interessanten Leben der russischen Prinzessin auf kreative Weise näherten.

Die künstlerischen Ergebnisse ihrer Beschäftigung mit Wera präsentierten sie am 6. Oktober 2011 in der Mensa ihrer Schule. Zugleich verabschiedeten sie damit ihre Kunstwerke zur Ausstellung im „Fokus Familie“, dem Zentrum für Familiendienste der katholischen Kirche in Nürtingen. Dort sind die Exponate bis zum 25. November 2011 zu sehen.

Wer war Wera? Diese Frage stellten sich nicht nur die jungen Künstlerinnen und Künstler. Weil ihr Arbeitsplatz „Fokus Familie“ in Nürtingen an der „Werastraße“ liegt, waren auch die dort arbeitenden Menschen neugierig und forschten nach. Die Ergebnisse stellte Schuldekanin Carmen Trick in 16 Szenen aus dem Leben Weras zusammen. Wera entpuppte sich als Tochter aus dem Zarenhaus. Unter schwierigen familiären Umständen landete sie im Schwabenland und wurde von ihrer Tante Olga, der späteren Königin von Württemberg, adoptiert. Beide Frauen setzten sich für Kranke und Bedürftige ein. Eine Biographie, die gut zum Tätigkeitsbereich von „Fokus Familie“ passt, geht es doch um Erziehungsfragen und Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, um Patchworkfamilien und Traumatisierung durch Gewalt, um kulturellen und religiösen Migrationshintergrund und um soziales Engagement.

Schlüsselerlebnisse aus Weras Kindheit inszenierten die Klassen 7a und 8b als fotografische Standbilder und in Collagetechnik. Bei der Vernissage stellten sie einige der Szenen nach, etwa Weras Reaktion auf die erste Maultaschensuppe in ihrer neuen Heimat. Den heutigen Jugendlichen gelang es, sich in die damaligen Probleme Weras einzufühlen. Ob lustige oder ernste Begebenheiten, stets war Weras Bedürfnis nach Sicherheit und Zuneigung zu spüren – ein Anliegen, dass sie mit ihren modernen Altersgenossen verbindet. Am Beispiel Weras wird die Wahrnehmung für manche schwierige Lebenslage von Mitmenschen geschult und Verständnis dafür entwickelt.

Stressbewältigung und Glücksmomente erlebte Wera bei Spaziergängen durch die Stuttgarter Weinberge, wo sie Schneckenhäuser auflas. Solche Sammelobjekte und Lieblingsgegenstände der Prinzessin gestalteten die Schülerinnen und Schülern der 8c aus Ton nach. Wera-Portraits steuerte die 9e bei. Die 10a und 10b entwickelten „Lebenswürfel“, die unterschiedliche Facetten der Biographie Weras anschaulich machen. Kunstlehrerin Christine Schlichter ist es gelungen, mit ihren Klassen ein Leben, das sonst nicht im Rampenlicht des Interesses steht, von unterschiedlichen Perspektiven und mit vielfältigen Materialien zu beleuchten.

Zur Ausstellungseröffnung, humorvoll moderiert von Nico Döffinger, steuerte das Klassenorchester der 9c und der Chor der 7a unter Musiklehrer Jochen Keil Instrumental- und Gesangsstücke bei, die ihrerseits Motive aus Weras Werdegang aufnahmen. Zu Recht betonte Schulleiterin Christel Binder, dass die Schülerinnen und Schüler stolz darauf sein können, dass ihre Werke nun öffentlich ausgestellt werden.

Die Ausstellung ist im Haus „Fokus Familie“ in der Werastraße 20 in Nürtingen während der Öffnungszeiten zu sehen. Auskünfte im Katholischen Schuldekanatamt unter 07022/39890.