Gemeinde als Berghütte

Bei hochsommerlichen Temperaturen begrüßte Hüttenwirt Kai Münzing die Gäste auf der „schwäbischen Berghütte“ – dem Naturfreundehaus Dettingen. Für die meisten der Teilnehmenden war das Engagement der Naturfreunde eher unbekannt. Münzing informierte die Gäste über die Vereinsidee: ökologisches und politisches Engagement, ein diakonisches Profil, das ein für alle erschwingliches Freizeitangebot ermöglichen will, Toleranz und Offenheit für alle. Er verwies auch auf die gegenwärtigen Herausforderungen des ehrenamtlichen Engagements und der Schwerpunktsetzung vor Ort. Münzings Ausführungen machten deutlich, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen dem Engagement der Naturfreunde und den Erfahrungen im Prozess  „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ gibt.

Professor Herbert Haslinger konnte an das Bild der Berghütte gut anknüpfen. Die Veränderung der Gemeinde vom Einfamilienhaus zur Berghütte sei notwendig und herausfordernd. Es gälte, den Anspruch der Universalität, Offenheit für alle Menschen, unter den Bedingungen der Relativität, Individualisierung und Pluralisierung, einzulösen. Es dürfe in der Kirche – in den Kirchengemeinden – nicht primär darum gehen, Menschen wieder einzubinden; stattdessen bräuchten Menschen Unterstützung, um die Balance zwischen befreiender Vielfalt und stabilisierender Einheit zu bewältigen.

Wer betreibt die Berghütte „Kirchengemeinde“? Diese Frage stand im Zentrum des sich anschließenden Gesprächs. Hauptamtliche pastorale Dienste werden auch in Zukunft gebraucht. Ehrenamtliches Engagement darf nicht überbeansprucht werden. Wo Ehrenamt Freude macht und Engagierte dies auch ausstrahlen, gelingt es, Menschen für eine begrenzte Mitarbeit zu gewinnen – so die Erfahrung der Naturfreunde. Für bestimmte Aufgaben in der Kirche braucht es eine pastorale Professionalität, darauf legte Prof. Haslinger Wert. Es ginge nicht, dass stattdessen Ehrenamtliche diese Aufgaben übernehmen. Damit solle die teilweise hohen Qualifizierungen ehrenamtlich Engagierter nicht herabgesetzt werden.

Gemeinde als Berghütte verstehen bedeutet

  • dass Wirt/Wirtin und Gäste sich dort beheimatet fühlen können
  • sich auf das Wesentliche zu konzentrieren statt in Aktionismus zu verfallen
  • das Kommen und Gehen der Gäste auszuhalten
  • eine Gelegenheit für die Begegnung mit Menschen und mit Gott zur Verfügung zu stellen
  • Hüttenbetreiber zu haben, die im Leben stehen und mit den Lebenswegen der Menschen vertraut sind
  • einen Ort der Ruhe und Bedachtsamkeit zu bieten
  • nicht einfach das Bestehende neu zu strukturieren, sondern ein verlässlicher Ort zu sein, der dem Leben der Menschen gerecht wird.

Barbara Strifler