Zum Tod von Papst Franziskus
Im Rahmen ihrer Berichterstattung zum Tod des Papstes hat die Eßlinger Zeitung einige Menschen aus unserem Dekanat gefragt, wie sie das Pontifikat von Papst Franziskus einschätzen und was sie sich von einem neuen Papst erhoffen.
Da in der Zeitung nicht so viel Platz war, wurden einige Statements stark gekürzt. Die Statements in der Originallänge finden Sie nun hier auf unserer Homepage.
"Er hat sein Amt nicht wie ein König ausgeführt!"
"Er ist bescheiden aufgetreten"
Was hat Papst Franziskus aus Ihrer Perspektive erreicht / was hat er nicht erreicht?
"Als ein zentrales Verdienst von Papst Franziskus sehe ich, mit seiner klaren Haltung und seinem bescheidenen Auftreten weit von sich zu weisen, selbst wie eine Art Gottheit gesehen und verehrt zu werden. Die ganz grundsätzliche Umsetzung dieser zentralen Haltung in die Lehre ist ihm nicht gelungen."
Was erhoffen Sie sich von einem neuen Papst / was befürchten Sie?
"Der unfassbar große Gott liebt seine Schöpfung und jeden Menschen, nichts und niemand ist ausgenommen. Um dieser umfassenden Liebe gerecht zu werden, kann der künftige Papst Regeln über Bord werfen, die dem nicht gerecht werden. Zu befürchten ist, dass die Weite im Denken von Papst Franziskus wieder aufgegeben wird."
"Der neue Papst soll die Reformen fortsetzen!"
Was hat Papst Franziskus aus meiner Perspektive erreicht?
"Die Kernbotschaft des katholischen, christlichen Glaubens ist die Barmherzigkeit und Liebe Gottes zu allen Menschen, weswegen er seinen Sohn geschickt hat, der diese Liebe bezeugt, gelebt und die Vergebung unserer Sünden ermöglicht hat. Darauf hinzuweisen und soziale Ungerechtigkeit aufzuzeigen, Hierarchien und Missbrauch anzuprangern, sich auf die Seite der Schwachen und ausgebeuteten zu stellen, das hat Papst Franziskus glaubwürdig vertreten."
Was hat er nicht erreicht?
"Wie wohl er einige Missstände bei der Vatikanbank und beim sexuellen Missbrauch aufräumen konnte, hat er grundsätzlich angedachte Reformen in einem Synodalen Prozess nicht umgesetzt wie die stärkere Beteiligung der Gläubigen (Laien) und eine Weihe von Frauen in das Diakonat, die es für viele Jahrhunderte erfolgreich in der Katholischen Kirche gab. Auch hat Papst Franziskus nicht immer diplomatisch geschickt agiert, wenn er sein politischer Gewicht in die Waagschale werfen wollte."
Was erhoffen Sie sich von einem neuen Papst?
"Die Fortsetzung der begonnenen Reformen, das Zulassen gewisser regionaler Unterschiede im Rahmen der einen weltweiten Katholischen Kirche, das Setzen weiterer Impulse für die Bewahrung der Schöpfung angesichts von Klimakrise und nationaler Egoismen."
Was befürchten Sie?
"Die zu große Nabelschau und Rückwärts Wendung auf innerkirchliche und rein kirchenrechtliche und liturgische Themen sowie Zentralisierungstendenzen der Kurie bei einem zu schwachen Papst, der sich nicht gegenüber der innerkirchlichen Bürokratie durchsetzen kann."
"Er hat den Menschen in verständlichen Worten die Botschaft Jesu nahe gebracht."
"Papst Franziskus hat Mißstände und Machtmißbrauch innerhalb der Kirche klar benannt.
Er hat den Menschen in verständlichen Worten und Gesten die Botschaft Jesu nahe gebracht und pastorale Lösungen angeregt.
Seine Themen waren die Barmherzigkeit, die Nächstenliebe, das persönliche Gebet, die Verantwortung der Schöpfung gegenüber und der Frieden in der Welt.
Vielleicht war seine Amtszeit zu kurz, um Reformen nicht nur anzustoßen, sondern sie auch umzusetzten.
Deshalb wünsche mir für die Zukunft der Kirche einen Papst mit viel Mut und großem Durchsetzungsvermögen. Ein wichtiger Punkt ist für mich die Gleichstellung von Frauen und Männern, die sich auch in den Weiheämtern auswirken muss."
"Papst Franziskus hat das Thema Umweltschutz ins Zentrum gerückt."
Was hat Papst Franziskus erreicht / was hat er nicht erreicht?
Papst Franziskus hat die Bedürfnisse der Armen und das Thema soziale Gerechtigkeit stark in den Vordergrund seines Pontifikats gerückt. Er hat den interreligiösen Dialog gefördert, insbesondere mit dem Islam und dem Judentum. Mit seiner Enzyklika „Laudato si'“ hat er das Thema Umweltschutz und die Verantwortung der Menschheit für die Schöpfung ins Zentrum gerückt.
Seine Versuche, Reformen innerhalb der Kurie und der Katholischen Kirche voranzutreiben, um eine transparentere und weniger hierarchische Struktur zu fördern, blieben unvollendet.
Was erhoffe ich mir von einem neuen Papst?
Vom neuen Papst erhoffe ich mir, dass er ein Mann mit Charisma ist, der begeistert und mit einer offenen Art die Herzen der Menschen berührt. Ich erwarte, dass er die von Franziskus eingeleiteten Reformen fortsetzt, insbesondere in Bereichen der Kirchenstruktur und dem Umgang mit sexuellen Missbrauchsskandalen. Ebenso muss er sich um Fragen sozialer Gerechtigkeit annehmen, sich um die Bewahrung der Schöpfung und den Frieden einsetzen und die Bedürfnisse der Schwächsten nicht aus dem Blick verlieren.
"Die Hoffnung bleibt, dass die neuen Dialogformen nicht zurückgedreht werden können."
"Ich habe seinerzeit große Hoffnung auf das Pontifikat von Papst Franziskus gerichtet. In Erinnerung bleiben mir die Ozeanien Synode, als auch die Weltsynode mit kirchlichen wie auch Laien-Vertretern, wo Papst Franziskus die Tür zu Diskussionen und zu neuen Wegen geöffnet hat. Letztlich ist er dann doch vor großen Reformen (z.B. Zölibat oder Rolle der Frauen) in der katholischen Kirche zurückgeschreckt.
Da in der Weltkirche viele deutlich konservativer sind als wir in Europa, fürchte ich, dass ein konservativer Vertreter zum Papst gewählt wird. Die Hoffnung bleibt, dass die neuen Dialogformen nicht zurückgedreht werden können - zumal unsere Gemeinden hier bereits so viel offener und weiter fortgeschritten sind, als die in Rom."
"Uns wünsche ich den Mut, diese Entwicklungschancen zu nutzen."
"Papst Franziskus verkörperte für mich eine caritative und schöpfungsfreundliche Kirche, die sich gegen Armut und Ungerechtigkeit und für Frieden einsetzt. Leider ist er nur erste Schritte zu einer stärkeren Rolle von Frauen in der Kirche gegangen. Ich wünsche mir, dass auch künftig, Synodalität gestärkt und dezentral unterschiedliche Entwicklungen zugelassen werden, und Reformen weitergehen. Uns wünsche ich den Mut, diese Entwicklungschancen zu nutzen."
"Er ist längst ein Heiliger."
Die italienische katholische Gemeinde Esslingen trauert – im Einklang mit den Gläubigen weltweit – um Seine Heiligkeit Papst Franziskus, der im Alter von 88 Jahren von uns gegangen ist.
Als Leuchtfeuer der Hoffnung und Liebe berührte Papst Franziskus die Herzen von Millionen Menschen durch seine tiefgründigen Worte und sein mitfühlendes Handeln. Sein unerschütterliches Engagement für soziale Gerechtigkeit, Inklusion und Barmherzigkeit inspirierte eine oft gespaltene Welt und erinnerte uns an die verwandelnde Kraft von Demut und Güte.
Während wir von diesem außergewöhnlichen Hirten des Glaubens Abschied nehmen, verpflichten wir uns, sein Vermächtnis weiterzutragen – ein Aufruf zum Zuhören, zur Liebe und zum Brückenbauen in einer Welt, die sich nach Einheit sehnt. Papst Franziskus wird schmerzlich vermisst, doch seine Botschaft lebt weiter und weist uns den Weg in eine mitfühlendere und gerechtere Zukunft.
Papst Franziskus war ein Mann, der die einfachen Menschen und die Ärmsten der Gesellschaft vertrat – und dies mit ganzem Herzen tat. Er verstand das Leid der Migranten, der Versklavten in ihren vielfältigen Lebensrealitäten und der weniger Privilegierten.
Ich persönlich habe so viel von ihm gelernt und hatte das große Privileg, ihm am 11. November 2021 die Hand zu schütteln. Sein Leben und Wirken prägen mich bis heute und stärken meinen Entschluss, mich mit ganzer Kraft für die Armen und Benachteiligten einzusetzen – insbesondere für Kinder und Jugendliche in Afrika.
Wir warten nur noch auf das Datum seiner Heiligsprechung – denn wir sind überzeugt: Er ist längst ein Heiliger.
"Franziskus ist immer der Typ Seelsorger geblieben."
Dieses Bild hat sich mir in die Netzhaut eingebrannt: Franziskus feiert einsam und verloren auf dem menschenleeren Petersplatz mitten im Corona-Lockdown den Osternmorgen 2020. Es verrät zugleich etwas über sein Amtsverständnis: Er war ein zutiefst empathischer Mensch, immer mit einer wachen Vorstellung von den Menschen, deren Blicken er gerade ausgesetzt war, selbst in diesem Augenblick, den viele damals weltweit zuhause genauso selber erleben mussten: einsam vor dem Bildschirm und um das elementar Menschliche gebracht, das Zusammensein.
Bei Priestern im Papstalter haben sich lange geübte Gewohnheiten bisweilen als Typ verfestigt: der Gelehrte oder der Technokrat oder der Seelsorger. Franziskus ist immer der Typ Seelsorger geblieben, trotz der weltweiten Distanz, den die Gesetze von Raum und Zeit bei über einer Milliarde Katholiken mit sich bringen. Zwischen diesen zu vermitteln, ist die schier unmögliche Aufgabe des „Brückenbauers“. Das bedeutet mehr als nur mit dusseligen „Deals“ zu brillieren, sondern zwischen Hunderten von Kulturen, Traditionen und Sprachen den Menschen Gefühl und Bewusstsein zu vermitteln zusammenzugehören. Menschliche Nähe war seine seelische Leidenschaft, und ich glaube, dieses Drama der Entfernung, die das Amt mit sich bringt, musste er auch für sich selbst über den Weg der Zeichen in Nähe verwandeln. Zugleich hatte er sich auch eine kindliche Spontanteität erhalten. Nach dem ewigen Theologieprofessor Ratzinger, bei dem jedes Wort wie ein Dogma wirkte, hatte manch Zeitgenosse Schwierigkeiten mit den oft spontanen, humorigen Randbemerkungen, die Franziskus für den Augenblick gemacht hat. Aber das Zeichensetzen war seine Stärke, und darin war er völlig rational: schon in seiner Namenwahl, in Gesten der Wertschätzung bei Notleidenden. Für den Kranz für die Tausenden von ertrunkenen Migranten vor Lampedusa ist er fast buchstäblich übers Wasser gelaufen. Wer hat das außer ihm bis dorthin geschafft? Er war in keiner Sekunde seines Amtes unpolitisch und hat seine Macht konsequent für die Machtlosen verwendet. Er wusste, was Zeichen können. Aber zuspitzen konnte er auch mit Worten: Aus seiner Wirtschaftskritik im Schreiben „Evangelii Gaudium“ und seiner Enzyklika „Laudato si´“ zur Rettung von Klima und Leben auf unserem kleinen Planeten können wir noch viel lernen.